EUI-Erfahrungen aus erster Hand: Hamburgs Teilnahme an den "Peer Reviews"
Wir sprachen mit Martin Krekeler, Horizon-Projektkoordinator und Berater für EU-Förderprogramme in der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg, der Anfang des Jahres in der Rolle des „Peers“ am Peer Review in Torrelavega (Spanien) teilnahm.
Im Februar 2025 haben Sie als „Peer“ an der Peer Review Veranstaltung in Torrelavega teilgenommen. Warum haben Sie sich für diese Rolle entschieden und wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Für uns in der hamburgischen Senatskanzlei war es tatsächlich der erste Kontakt zur European Urban Initiative. Im Vorjahr hatten sich einige meiner Kolleginnen und ich als Peer Reviewer bei der EUI beworben. Ziel war es, Kontakt zum Städtenetzwerk der EUI zu bekommen, und natürlich auch, uns bezüglich der Themen zu informieren, über die aktuell im Kontext europäischer Stadtentwicklung diskutiert wird. Eine unserer Hauptaufgaben ist es, Hamburg als Partner in europäisch geförderten Projekten zu positionieren. Dafür brauchen wir internationale Konsortien mit starken Partnern. Das Netzwerk der EUI ist meiner Meinung nach eine ausgezeichnete Möglichkeit, diese starken, aktiven Partner zu finden. In der Bewerbung für die Rolle eines Peer Reviewers haben wir unsere individuellen Erfahrungen und fachlichen Expertise beschrieben. So haben die Organisator:innen bei der EUI eine Vorstellung davon, wer zu welchem Austausch am besten beitragen kann.
Wie kann man sich Ihre Teilnahme und den erbrachten Arbeitsaufwand am besten vorstellen?
Es gab zunächst mehrere Online-Vorbereitungstreffen bei dem wir als „Peers“ einige Woche vor der Veranstaltung vor Ort die wichtigsten Informationen zu den „Cities under Review“ und ihren lokalen Herausforderungen erhalten haben. So kann man bei Bedarf auch noch einmal bei Kolleginnen im eigenen Haus nachfragen und sich thematisch vorbereiten. Schließlich ist die Bandbreite der behandelten Themen groß. Wir waren etwa 20 Peer Reviewer für vier „Cities under Review“. Jede der vier Städte durfte drei Themen definieren, die sie an uns Peer Reviewer gerichtet hat. Eine Leitfrage aller teilnehmenden „Cities under Review“ in Torrelavega bezog sich auf die Organisation regionaler Governance-Kontexte mit Blick auf Stadt-Umland-Beziehungen.
Als „Peer Reviewer“ war ich dem gastgebenden Torrelavega zugeordnet, hatte aber auch die Möglichkeit mich mit den Vertreter*innen der anderen Cities under Review (Verona / IT, Sibiu / RO, Balvi (LV) auszutauschen. Torrelavega ist eine industriell geprägte Stadt in der nordspanischen autonomen Gemeinschaft Kantabrien, die ein wenig im Schatten der größeren und bekannteren Nachbarstadt Santander steht. Die zu diskutierenden Herausforderungen bezogen sich auf die Stärkung der Stadt: „Wie lässt sich eine eigenständige Wirtschaftsförderung gestalten? Wie kann man Leute nach Torrelavega locken? Wie können Mobilitätkonzepte für die Region aussehen? Wie kann die Region effektiv zusammenarbeiten?“ Das Peer-Review-Treffen hat zwei Arbeitstage in Anspruch genommen. Zusammen mit Vorbereitung, Anreise und Nachbereitung würde ich von etwa fünf Tagen Arbeitsaufwand für einen Peer Reviewer ausgehen. Für die Cities-under-Review, besonders die jeweiligen Gastgeber, ist der Aufwand sicherlich größer.
Wie haben Sie die Veranstaltung vor Ort erlebt, bei der Sie und die anderen „Peer Reviewer“ mit den „Cities under Review“ zusammenkamen?
Es war eine inspirierende Veranstaltung, von der ich als Peer Reviewer mit vielen Eindrücken und neuen Ideen zurückgekehrt bin – es gab jede Menge interessante Denkanstöße, Best-Practice-Beispiele und, wie schon erwähnt, sehr gute Netzwerkmöglichkeiten. Mir persönlich hat insbesondere der Netzwerkaspekt enorm viel gebracht: ich konnte mit Kolleg:innen aus 25 europäischen Städten und mit den externen Beratern der EUI diskutieren und Kontakte knüpfen. Daraus entstehen im Moment schon erste Folgeprojekte, wir werden die entstehenden Partnerschaften auch in anderen europäischen Förderprojekten weiterentwickeln.
Wer ist aus Ihrer Sicht geeignet, um sich als „Peer Reviewer“ zu bewerben?
Die Peer Reviewer sind in der Regel Vertreter:innen von Städten, die in europäischen Partnerschaften und Projekten aktiv sind. Sie sehen die Teilnahme als Möglichkeit, um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Neben der bereits erwähnten Möglichkeit, Kontakte für künftige Partnerschaften zu knüpfen, können die Peer Reviewer viel über die Diskussionen, Strategien und Policies in anderen europäischen Städten lernen. Interessant war für mich persönlich zum Beispiel zu sehen, wie andere Städte ihre EU-Förderabteilungen aufstellen und auch wie der EU-Funding-Bereich in anderen Ländern generell angegangen wird. Ich denke, um das meiste rauszuholen, ist es sinnvoll, wenn man bereits etwas Erfahrung in dem Themenbereich nachhaltige Stadtentwicklung sowie erste Berührungspunkte mit EU-Programmen in diesem Bereich mitbringt.
Rückblickend auf ihre Erfahrungen in Torrelavega, würden Sie eine Teilnahme an den Peer Reviews empfehlen?
Auf jeden Fall! Man bekommt in einer kurzen Zeit einen umfassenden Einblick in die Arbeit und die Herausforderungen anderer EU-Städte. Dies hilft ungemein bei der Kontextualisierung der eigenen Arbeit – und natürlich auch dabei, gemeinsame Projekte zu entwickeln und Projektkonsortien zu schmieden. Uns hat es jedenfalls so gut gefallen, dass eine meiner Kolleginnen bei einem weiteren Peer Review dieses Jahr dabei sein wird.
Bei einer Teilnahme bekommt man aber unabhängig von seiner Rolle die Möglichkeit sich in wenigen Tagen intensiv auszutauschen. Mir gefiel besonders gut, dass die Veranstaltung weit über eine klassische Peer-Feedback-Situation hinausging. Vor Ort wurde unter anderem auch eine Art „Markt der Möglichkeiten“ organisiert, bei dem alle teilnehmenden Städte die Gelegenheit hatten, ihre Best-Practice-Beispiele vorzustellen. Daher gab es auch für mich viel Input und einen umfassenden Einblick darin, was andere europäische Städte bewegt.
Was würden Sie Städten mit auf den Weg geben, die überlegen, sich als „City under Review“ zu bewerben?
Die „Cities under Review“ stehen im Fokus dieses Formats. Nutzen Sie dies und sehen Sie die Peer Review als eine Möglichkeit, mit Kolleg:innen aus anderen europäischen Städten über alles zu sprechen, was Sie gerade in Ihrer Arbeit beschäftigt! Außerdem würde ich interessierten Städten nahelegen, die Möglichkeit auszuschöpfen mit 4 Personen anzureisen und sich hierbei möglichst breit aufzustellen. Mit Blick auf den Netzwerkaspekt, halte ich es zum Beispiel für eine gute Idee, wenn die Delegation auch eine Person dabeihat, die den EU-Förderbereich der Stadt im Blick hat.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung ist die Deutsche Kontaktstelle für die Europäische Stadtinitiative (EUI) und URBACT. Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Foto © Senatskanzlei Hamburg