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Leute in einem Boot
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16 August 2024

City-to-City Exchange zwischen Lille und Turin: Zwei Städte inspirieren sich gegenseitig mit ihren Projekten zur urbanen Transformation.

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Text: Simone d’Antonio, Übersetzung ins Deutsche: Alexander Barnsteiner
Lille steht vor einer großen Herausforderung: die Entwicklung von Brownfields entlang der Flussufer der Deûle spielt für die Stadt eine zentrale Rolle. Die Umgestaltung eines dieser Areale entlang des Flusses in einen neuen Park ist dabei besonders ehrgeizig und steht nicht nur für die Entwicklung von Brownfields in Wassernähe, sondern auch für die Erschaffung neuer multifunktionaler nachhaltiger Räume in einer Region, wo die Auswirkungen der Deindustrialisierung nach wie vor spürbar sind.

Dafür ließ sich die Stadt von anderen Städten und deren Praktiken inspirieren. Ziel war es, den Planungsprozess mit neuen innovativen Funktionen, Managementsystemen und Ressourcen für die Implementierung zu bereichern.

Die Metropolregion Lille entschied sich deshalb für einen City-to-City Exchange. Der Antrag für diesen konzentrierte sich, entsprechend der Herausforderung, auf urbane Transformation, Renaturierung und dem Planen von Parks als Elemente der Neugestaltung von alten Industrieflächen. Im Prozess fiel die Wahl dann auf Turin. Hier hatte man bereits erfolgreich durch integrierte urbane Regeneration die Flächen entlang der Dora zu Testflächen für innovative naturbasierte Lösungen gemacht, die zusammen mit der lokalen Gemeinschaft gestaltet werden.

Die Besuche

Im November 2023 besuchen dann vier Vertreter:innen des Gemeindeverbands Métropole Européenne de Lille und, auf ihre eigenen Kosten, drei Bürgermeister:innen, deren Gemeinden von dem Projekt Bords de Deûle 2040 betroffen sind, Turin für drei Tage. Das dichte Programm inkludierte viele Feldvisiten, um die wichtigsten Orte der Turiner postindustriellen Transformation zu besuchen. Dazu gehört etwa der Dora Park. Dort, wo früher Autos hergestellt wurden, befindet sich nun ein Park direkt am Fluss.

Der zweite Besuch der französischen Delegation in Turin diente dann zur Weiterbildung über andere EU-Kofinanzierte Projekte entlang des Flusses. Erwähnenswert ist etwa das UIA-Projekt* ToNite, welches sich mit der Sicherheit öffentlicher Räume entlang des Flusses befasst. Auch das zivilgesellschaftliche Engagement auf der Nachbarschaftsebene war Teil der Exkursionen.

Januar 2024 dann besuchte eine Turiner Delegation die Metropolregion Lille. Im Fokus standen die Regeneration alter Industrieflächen sowie diverse Initiativen, die sich für urbane Grünräume und Nachhaltigkeit einsetzen. Der Besuch von Fives Cail, einem 25 Hektar großen Ökobezirk auf einer alten Brachfläche, widmete sich den interessantesten Aspekte des UIA-Projektes TAST’in’FIVES. Ziel dieses Projektes ist es, nachhaltige urbane Landwirtschaft zu fördern und Raum für die lokale Gemeinschaft zu schaffen.

Eine Bootstour entlang der Deûle brachte einen Überblick über die großen Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung, denen die betroffenen Gebietskörperschaften aktuell gegenüberstehen. Dabei besonders delikat ist der Brückenschlag zwischen neuer Nutzung dieser bisher untergenutzten Flächen und einer nachhaltig ökologischen Transformation.

Durch die Exkursionen zu unterschiedlichen Orten in der Metropolregion Lille war es aber auch möglich, die Vielseitigkeit möglicher Lösungen zu präsentieren, welche die Revitalisierung von Brachflächen als Eckpfeiler für neue Dienstleistungen sowie ökonomischer und sozialer Entwicklung begreifen.

Leute auf einem Boot

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Was hat man gelernt?

Die Werkzeuge zur Stärkung der Zivilgesellschaft und gemeinschaftlichem Management von Grünflächen, integrierte Strategien zur Öffentlichkeitsarbeit für EU-geförderte innovative urbane Regeneration sowie die Zusammenarbeit des öffentlichen und des privaten Sektors in der Gestaltung neuer Dienstleistungen waren für Lille die wichtigsten Aspekte, die sie von Turin mitnehmen konnten.

„Wenn wir uns ansehen, was Turin gemacht hat, sehen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben großartige Beispiele für die Zusammenarbeit mit den Bewohnern und der Zivilgesellschaft gesehen, die uns nützliche Anregungen für verschiedene Modelle der gemeinschaftlichen Verwaltung öffentlicher Räume und für die Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor gegeben haben, um den Wandel, den wir an den Ufern der Deûle sehen wollen, voranzutreiben“, sagt Dominique Legrand, Bürgermeister von Marquette-lez-Lille.

Die Mechanismen der institutionellen Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden im Großraum Lille und die Strategien, welche durch temporäre Nutzungen öffentlicher Räume und durch Infrastruktur die Stadterneuerung mit der Förderung der biologischen Vielfalt und der Grünflächen miteinander verbinden, wurden von der Turiner Delegation als wichtige Lehren aus dem Besuch in Lille gezogen.

„Der City-to-City Exchange mit Lille war wichtig, um verschiedene Kulturen der öffentlichen Governance zu vergleichen. Wir wollen diesen Austausch von Wissen nach Abschluss des Projektes aufrechterhalten und andere Metropolregionen mit ähnlichen Herausforderungen miteinbinden“, sagt Francesco Tresso, Stadtrat der Stadt Turin.

Unterstützung durch Moderation und EUI-Sekretariat

Der Gemeindeverband Métropole Européenne de Lille und Turin hatten die Unterstützung eines Moderators, gewählt von einer Liste, die das EUI-Sekretariat zur Verfügung gestellt hatte. Das Sekretariat half, der Agenda den letzten Schliff zu verpassen, bei der Organisation von Meetings und unterstützte die aktive Beteiligung der der Partizipierenden. Darüber hinaus half das Sekretariat dabei, die wesentlichen Inhalte herauszustreichen und den Weg für zukünftige Zusammenarbeit zu ebnen.

Unterstützung bei der Suche von Partnerstädten bietet die EUI ebenfalls an, unter anderem auch über den Urban Matchmaker. Alle Informationen zur Teilnahme an einem City-to-City Exchange gibt es hier.

* Die UIA (Urban Innovative Actions) ist die Vorgängerin der Europäischen Stadtinitiative.